WILD. HEIMAT. KÜCHE. CIDER

Dorit Schmitt • 6. August 2025

Wilde Sophie: Im Wald auf Geschmacksexkursion

Fotos: © Wilde Sophie / Marlene Bilheimer

Das Interview mit Cornelia Kohler, alias „Wilde Sophie“, bietet spannende Einblicke in ihren Lebenslauf sowie in die Werte, für die sie steht.

Als Künstlerin arbeitet Cornelia Kohler, die Wilde Sophie, an der Schnittstelle von Kunst und Kulinarik. Als Jägerin und Naturpädagogin nimmt Sie uns mit, die Schätze der Natur wieder neu zu entdecken.


Aromenspiele: Bildhauerin, Köchin, Jägerin, Event Managerin und Naturpädagogin - wie kam es zu diesem interessanten Lebenslauf? 


Connie:  Nach dem Abitur habe ich zwei Semester Grafikdesign in Stuttgart studiert und sehr schnell festgestellt: Ich muss etwas mit meinen Händen (er)schaffen, da mich meine Kindheit in der Landwirtschaft und dem Arbeiten mit der Erde sehr geprägt hat. In der Schule konnte ich schon schlecht still sitzen, so sollte es etwas im gestalterischen Bereich sein. und habe deshalb zuerst verschiedene Praktika gemacht, bevor ich mich um einen Studienplatz beworben habe. Der Weg führte über eine Glockengießerei und einem Holzbildhauer in Karlsruhe, in Berlin gab es eine Station um Einblick in die Arbeit eines Bühnenbildners zu erhalten, um dann einen Studienplatz für Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in München zu bekommen.


Nach und bereits während meines Studiums habe ich als Freelancer im Schnitt bei Premiere (heute Sky) gearbeitet, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Außerdem begann ich für einen englischen Subunternehmer der UEFA und FIFA, unter anderem als Signage Managerin, tätig zu sein. Während meines Studiums übernahm ich als Assistentin des Professors gerne die Organisation von Veranstaltungen. Schon damals war die Küche, ursprünglich ein kleiner Herd mit zwei Kochplatten und einem Backofen, mein ständiger Begleiter im Atelier und später auch bei den größeren Sportevents. Ein gutes Mahl hatte für mich stets einen hohen Stellenwert, da es nicht nur kostengünstiger war als ein Restaurant- oder Mensabesuch, sondern auch den Gemeinschaftssinn stärkte. So kochte ich nicht nur für mich, sondern auch für meine Kommilitonen und Kollegen in verschiedenen Ländern. Besonders spannend war es dabei, auf Märkten und in Supermärkten neue, unbekannte Lebensmittel kennenzulernen und auszuprobieren.


Als Winzertochter und durch meine jagdlich geprägte Familie wurden mir Wildkräuter und Wildfleisch praktisch in die Wiege gelegt und haben mich mein ganzes Leben begleitet. Die Menüs für meine Pop-up-Events waren von Anfang an geprägt von einer wilden Küche, die sich aus Wald, Wiese und Bauerngarten bediente. Die kulinarischen Einflüsse und Entdeckungen aus meinen Arbeitseinsätzen im Ausland haben meine Experimentierfreude geweckt. Ein fester Bestandteil dieser Küche blieben jedoch stets die selbst gesammelten Wildkräuter und Beeren.
Nach dem Tod meines Vaters entschloss ich mich, in seine Fußstapfen zu treten. Den Jagdschein zu machen, war die logische Konsequenz, um mit meiner Wildkräuterküche einen Schritt weiterzugehen und selbsterlegtes Wild in die Menüs zu integrieren.


Was aus meiner Küche kommt, sind größtenteils Lebensmittel, die abseits der ausgetretenen Pfade mit viel Geduld, Insektenstichen und oft zerkratzten Armen mühsam und mit großer Dankbarkeit der Natur abgerungen werden.

Diese tiefe Naturverbundenheit, die aus meiner Kindheit herrührt, wollte ich weitergeben und habe daher beim DJV die Ausbildung zur Naturpädagogin gemacht.


Die Naturpädagogik floss auch in meine Fine-Dining-Events ein, da es mir in allen Bereichen wichtig ist, eine Verbindung zur Natur herzustellen und ein Verständnis für unsere Ökosysteme und deren Fragilität zu vermitteln. Und wie könnte man das besser erreichen, auch bei schwierigen Themen wie der Jagd, als mit einem köstlichen Mahl in guter Gesellschaft?

Im Laufe der Jahre hat sich alles wie mehrere Fäden unmerklich zu einem Ganzen zusammengefügt.

Aromenspiele: Wann kam dir die Idee, die „Wilde Sophie zu gründen? 


Connie: Seit 2012 gab es Miss Sophies Planet, welches meine verschiedenen Tätigkeitsfelder von Kunst bis Küche als Kosmos beschreiben sollte, da dieser Kosmos sich immer tiefer in die Natur verlagert hatte, sollte dies dann 2022 durch ein neues Branding auch nach Außen kommuniziert werden. So blieb die Sophie und wurde wild.

Aromenspiele: Was verbindest du mit den Begriffen Heimat und Heimatküche?


Connie: Heimat kann sowohl der Himmel als auch die Hölle sein. Die Frage "Was ist Heimat?" beschäftigt mich sehr und wurde auch im Rahmen meines Pop-up-Dinner-Formats "Himmel Heimat Hölle" mit all ihren Facetten thematisiert.


Heimat kann sowohl der Himmel als auch die Hölle sein. Die Frage "Was ist Heimat?" beschäftigt mich sehr und wurde auch im Rahmen meines Pop-up-Dinner-Formats "Himmel Heimat Hölle" mit all ihren Facetten thematisiert.


Heimat ist der Ort der Kindheit, eine Erinnerung an die ersten sinnlichen Erfahrungen, die tief in uns gespeichert sind. Gerüche, Bilder, Sprachklänge, Landschaften, Natur und das soziale Umfeld sind fest mit dem Heimatbegriff verknüpft. Im subjektiven Empfinden ist Heimat oft positiv besetzt – ein idealisierter Sehnsuchtsort, der durch die Abwesenheit von Unglück, Schmerz und Tod entsteht. Doch Heimat ist nicht nur ein Ort der Vergangenheit oder eine gesellschaftliche Rückprojektion auf Land, Natur und den Mythos der Unschuld. Sie ist auch eine Zukunftsvision, eine Hoffnung auf einen Ort, der noch gefunden werden will und Gestaltungsfreiheit verspricht.


Heimat bedeutet zugleich Heimkehr und Aufbruch. Das spiegelt sich auch in der Küche wider, denn Heimat – und die damit verbundenen Erinnerungen, ob positiv oder negativ – ist transportabel. Essen sollte all unsere Sinne ansprechen und uns so an unsere Wurzeln und Visionen erinnern.

Aromenspiele: Gibt es ein Wildkraut, das du nicht missen möchtest?

 

Connie: Jede Jahreszeit bringt etwas mit sich, auf das man sich freuen kann. Von all den Wildkräutern ist der Sauerampfer dasjenige, mit dem ich eine ganz besondere Erinnerung verbinde. Es war das erste Mal, dass mein Vater mir etwas Essbares von der Wiese zeigte. Diese Erfahrung ist tief in mir verwurzelt, und ich kann mich bis heute genau an den Ort erinnern, an dem es geschah. Jedes Mal, wenn ich Sauerampfer für die Küche sammle, kommt diese Erinnerung zurück, selbst wenn sie oft nur als flüchtiger Gedanke an mir vorbeihuscht.

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