INTERVIEWS

Dorit Schmitt

Freie Journalistin

Stationen über die eigene Werbeagentur Do(r)it! advertising und das eigene Feinkostgeschäft Chateau et Chocolat, brachten die leidenschaftliche Hobbyköchin und Sommelière schließlich zum Schreiben über Wein und Genuss.

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Auf ein Wort mit …

WEIN & GENUSS - Interviews

Norddeutsche Küchengeheimnisse

Nils Henkel gehört zu den besten und kreativsten Köchen in Deutschland. In seiner Laufbahn hat sich Nils bereits drei Sterne und 19 Gault-und-Millau-Punkte mit seiner Küche verdient. Ich habe Nils gefragt, ob er mir ein paar Fragen beantworten möchte, die sich um Kindheitserinnerungen, norddeutsche Küchengeheimnisse und typische Spezialitäten drehen.

Steht der Käsewagen auf dem Abstellgleis?

Seit rund 30 Jahren schreibt Bernd Matthies als Redakteur für den Berliner Tagesspiegel. Medien und Kulinarik sind seine Fachgebiete. Als Restaurantk­ritiker hat er sich durch seine feine Zunge und spitze Feder längst einen Namen gemacht.

Meine japanische Küche

Aus der japanischen Küche sind Dashi und Miso-Paste nicht wegzudenken! Stevan Paul stellt in seinem Buch, „Meine japanische Küche“ zwei Rezepte vor, wie man Dashi - und falsches Dashi - auch zu Hause ansetzen kann. Mein Interview mit dem sympathischen Stevan zu seinem Kochbuch könnt Ihr hier nachlesen.


WEIN & GENUSS - Touren

Foto: © Dominik Ketz

Foto: © Wonge Bergmann

Nils Henkel

Hafenstraße 47

55411 Bingen

WWW.NILS-HENKEL.COM

Nils Henkel: Neuer Hafen in Bingen am Rhein

Dorit Schmitt | Februar 2021

Nils Henkel gehört zu den besten und kreativsten Köchen in Deutschland. In seiner Laufbahn hat sich Nils bereits drei Sterne und 19 Gault-und-Millau-Punkte mit seiner Küche verdient. Aber dann hat die Corona-Pandemie für Köche und Gastronomie alles schlagartig auf den Kopf gestellt. Eigentlich sollte uns Nils Kochkunst seit August 2020 in Bingen im urbanen und stylishen „Papa Rhein“ verzaubern, doch auch hier heißt es immer noch: „Wegen Corona bleibt die Küche kalt“. Doch sobald es uns endlich wieder möglich ist – und wir hoffen doch alle, dass dies bald soweit sein wird, sollten wir Besuch bei Nils Henkel im Restaurant Bootshaus in Bingen ins Auge fassen!

Ich habe Nils gefragt, ob er mir ein paar Fragen beantworten möchte, die sich um Kindheitserinnerungen, norddeutsche Küchengeheimnisse und typische Spezialitäten drehen.

DORIT SCHMITT: Du bist als gebürtiger Kieler je ein echtes Nordlicht. Wie hast Du Deine Kindheit in Erinnerung?


NILS HENKEL: Ich bin zwar in Kiel geboren, aber aufgewachsen bin ich in Lütjenburg und Hohwacht an der Ostsee. Ich hatte eine schöne Kindheit und ich liebe nach wie vor die schöne Landschaft in Norddeutschland. Mit 16 habe ich dann meine Ausbildung im Vosshaus in Eutin begonnen.


DORIT SCHMITT: Viele von uns haben ja ihrer Mama oder Oma über die Schulter geschaut, wenn gekocht wurde. Wer war es bei Dir, der Deine Kochleidenschaft geweckt hat?


NILS HENKEL: Als ich klein war, hatte ich noch kein großes Interesse am Kochen. Meine Mutter hat sehr gut gekocht, wenn wir Gäste zu Hause hatten, aber im Alltag neben der Landarztpraxis meines Vaters war das eine ganz bodenständige Küche, die natürlich auch für mich und meine zwei Brüder passen musste. Die Neugier fürs Kochen kam später, als ich in der Schule Hauswirtschaft hatte, das hat mir viel Spaß gemacht. Eigentlich wollte ich Schreiner werden, habe mich dann aber doch noch fürs Kochen entschieden.


DORIT SCHMITT: Würdest Du uns ein Rezept verraten, das Du aus Deiner alten Heimat mitgebracht hast?


NILS HENKEL: Da gibt es ein Lieblingsgericht, was meine Mutter oft für mich gekocht hat und das ich bis heute immer noch liebe. Gekochte Rinderbrust mit Meerrettichsauce und eingelegter Rote Bete. Die Rote Bete kam immer aus dem eigenen Garten und ich kombiniere auch heute immer noch sehr gern Rote Bete und Meerrettich, egal ob mit Fleisch oder auch als vegetarische Kombination.


DORIT SCHMITT: Gibt es Gerichte aus Deiner Kindheit oder typisch norddeutsche Spezialitäten, die Dich bis heute in Deinem Berufsleben begleiten?


NILS HENKEL: Das gibt es so einiges: angefangen bei meiner Leidenschaft für Fisch und Meerestiere über den Räucheraal, den mir mein Schulfreund Karsten Kruse von der Heimat aus Hohwacht ins Bootshaus nach Bingen schickt, bis hin zu meiner modernen Version von Birne, Bohne & Speck, dem norddeutschen Klassiker. (Bild anbei)


DORIT SCHMITT: Wenn ich nach Kiel reise, was soll ich mir Deiner Meinung nach unbedingt ansehen? Und was muss ich dort auf jeden Fall probieren?


NILS HENKEL: In Kiel war ich schon sehr lange nicht mehr, aber Kieler Sprotten und ein kräftiges Schwarzbrot sind ein Muss.


DORIT SCHMITT: Kann uns die Küche (Hausmannskost) unserer Eltern und Großeltern in Sachen Regionalität, Saisonalität, Nachhaltigkeit und Geschmack heute wieder ein Vorbild sein?


NILS HENKEL: Das finde ich unbedingt! Wir sind ja ein Stück weit alle auf der Suche nach den guten Dingen der Kindheit, Regionalität und Nachhaltigkeit. Wir halten in Deutschland unsere regionale Hausmannskost selten mit Stolz hoch. Bei den Franzosen, Italienern, Spaniern usw. ist das anders. Dort wird die regionale Küche wie ein Kulturgut betrachtet und ist auch selbstverständlich Bestandteil der Spitzenküche. Das ist in Deutschland lange nicht so, man schaut meistens lieber auf die internationalen Entwicklungen.


DORIT SCHMITT: Nils, Du hast mit Deiner Interpretation einer frischen, puren Küche Meilensteine gesetzt. Woraus schöpfst Du Deine Kreativität auch in Zeiten, in denen Du nicht am Herd stehen kannst?


NILS HENKEL: Bei so einem langen Stillstand ist das gar nicht so einfach, die Spannung aufrecht zu erhalten. Ich hoffe, dass der Lockdown nicht mehr so lange andauern wird und freue mich darauf, wieder mit meinem Team in der Küche und im Restaurant loslegen zu dürfen. Aber nach so langer Zeit ist das fast schon wieder eine Neueröffnung und die Abläufe müssen sich wieder einspielen. Aber gut zu Kochen verlernt man nicht so einfach. Ich habe die Zeit genutzt und habe die Flora-Gerichte der letzten Jahre zu einem Buch zusammengefasst und fleißig Rezepte geschrieben. Und nebenbei habe ich natürlich auch neue Frühlingskarten für den Restart vom Bootshaus geschrieben.


DORIT SCHMITT: In welche Richtung werden sich Deiner Meinung nach die Küchenkonzepte der Zukunft bewegen?


NILS HENKEL: Ich glaube, der Fokus auf Nachhaltigkeit wird immer wichtiger werden. Was Küchenstile und Konzepte betrifft, gibt es in Deutschland so viele verschiedene Ideen und das ist gut so. Es gibt aber immer mehr lässige Konzepte mit einer hohen Produktqualität. Die Mitte formiert sich neu und ich glaube, dass die Gäste es schätzen, in einer ungezwungenen, urbanen Atmosphäre entspannt, aber eben sehr gut zu essen.


DORIT SCHMITT: Vielen Dank Nils. Ich hoffe, wir sehen uns bald im Bootshaus in Bingen, denn ich warte schon sehnsüchtig darauf, Deine wunderbare Küche zu genießen.

Kurze Auszeit im Papa Rhein

Dorit Schmitt | August 2021

Fotos: Zum Seele baumeln und sich verwöhnen lassen, ist das Papa Rhein die ideale Anlaufstelle.

Dieses Jahr habe ich beschlossen, mir an meinem Geburtstag eine kurze Auszeit zu gönnen. Nach all den Lockdowns und Planungsunsicherheiten wegen Corona im vergangenen Jahr stand einer Buchung dieses Mal nicht mehr im Wege. Längst eilte der gute Ruf des neuen Hotels in Bingen am Rhein meinem Entschluss voraus, mich dort einzuquartieren. Eine Übernachtung und ein schönes Abendessen im dazugehörenden Bootshaus, das unter der Leitung von Nils Henkel steht, waren gebucht und zusammen mit einer Freundin aus München trat ich die Fahrt an meinem Geburtstag an den Rhein an.


Der Empfang im nigelnagelneuen Hotel war sehr freundlich und der gesamte Stil des Hotels ist betont lässig und im casual Marinelook. Alles schick, aber nicht überkandidelt, cozy Shabby-Look. Und trotzdem kann das kleine Schwarze eingepackt werden. Unser Check-in erfolgte gegen 15 Uhr und weil das Wetter erfreulicherweise mitspielte, konnten wir oben auf der Sonnenterrasse der Lido-Bar unseren ersten Apéritif genießen - ein schön erfrischendes und belebendes Glas eines rosé Winzersekts (Weingut Prinz Salm “La Principessa“ 2016 Spätburgunder Rosé Sekt 0,1l/ Weinkarte).


Für unsere Basis-Kojen mit Hafenblick bezahlten wir für eine Nacht pro Koje 189 € . Für das 3-Gänge Menü am Abend unter der Regie von Nils Henkel hingegen "nur" 49 € (ohne Getränke). Wenn ich ehrlich bin, erschließt sich mir diese Kalkulation nicht ganz, da ich normalerweise für ein Zimmer dieser Kategorie weitaus weniger bezahle, für so ein Menü jedoch durchaus mehr. Das hat aber die Freude an meinem Aufenthalt nicht geschmälert. Das Gesamtpaket war stimmig: ich hatte nämlich viel Spaß, viel Genuss und einen erholsamen Schlaf – also alles in allem einen wundervollen Aufenthalt. Ich habe das Verwöhn-Paket, das ich mir zu meinem Geburtstag gegönnt habe sehr genossen! Außerdem hat es mich sehr gefreut, dass sich Nils vor dem Service ein paar Minuten Zeit genommen hat. Das Bootshaus-Menü hat uns sehr gut geschmeckt! Wobei die Curry-Zitronengrassuppe mit Garnele im Tempurateig der Hammer war, so fein! Mein Fazit: Gerne komme ich wieder auf ein Wochenende vorbei und lasse mich verwöhnen.

BEACH VIBES AM MITTELRHEIN

PAPA RHEIN HOTEL

Hafenstraße 47

55411 Bingen am Rhein

Buchtipp

BESCHREIBUNG

WIEDER DA! PURE NATURE

von Nils Henkel

Nils Henkel präsentiert seinen ganz eigenen Stil in diesem anspruchsvoll gestalteten Kochbuch. Seine Kreationen zeichnen sich durch unverwechselbare Präzision sowie geschmackliche und ästhetische
Perfektion und Leichtigkeit aus. Die aromenbetonten Gänge spielen mit Texturen, Temperaturen und überraschen durch Kontraste. Über allem steht sein Konzept “Pure Nature“. Für ihn gleichsam eine Lebenseinstellung. Bei allem greift Nils Henkel auf ein fundiertes Wissen zurück. Kaum ein anderer Koch hat so tiefe Kenntnis und Verständnis von Produkten und deren Harmonien.

PURE NATURE

Autor: Nils Henkel
Produziert von Edition Port Culinaire
2010 Fackelträger Verlag GmbH, 4. Auflage 2019
Umfang: 288 Seiten
Format: 24 x 28 cm

“Ein feinsinniges, filigranes Buch und doch prachtvoll und voller Kraft. Eben Nils Henkel pur!”

Leopold Schwarze

Nicolai & Sohn GmbH

Marketing & Vertrieb
leo@nicolaiundsohn.de
+49 (0) 176 969 856 81


Nicolai & Sohn: Straight Forward Single Malt

Dorit Schmitt | Februar 2021

  • City skyline

    Erfurt

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  • Blurred Lines

    Nico bei Verkosten der ersten Destillate

    Button
  • Fotos: © Nicolai & Sohn | pixabay

    DORIT SCHMITT: Was hat Sie dazu bewegt, eine Whiskybrennerei in Deutschland zu gründen?


    LEOPOLD SCHWARZE: Wie so oft im Leben waren es viele Gründe. Besonders begeistert hat uns der schier unendliche Facettenreichtum der Whiskybranche. Als Fan steigt man immer tiefer in die komplexe Welt des Whiskys ein, bei uns passierte das im Team aus Vater & Sohn. Zusammen entdecken, was gibt es da schon besseres? Nico hatte schon immer eine Vorliebe für das Handwerkliche, die Arbeit mit Rohstoffen ist enorm reizvoll. Unsere Biografien zeigen, dass es nie zu spät ist, eine komplexe Firmenidee zu verwirklichen – eine komplette Destillerie aufzubauen, schien da gerade verrückt genug. Der endgültige Entschluss wurde auch durch unsere Reisen gefüttert. In Schottland dachten wir uns immer wieder: Was die können, das schaffen wir auch!


    Natürlich wuchs das Projekt während der Gründung in 2018 einige Male. Es wurde immer reizvoller, einen Schritt weiter zu denken, professioneller zu starten. Die Herausforderung besteht doch darin, solche alten Handwerkstraditionen in die Moderne zu bringen. Dafür braucht es zeitgerechte Methoden, eine zeitgerechte Sprache. Die meisten Betriebe schaffen das noch nicht so gut, dabei wartet eine ganz neue Generation von Whiskyliebhabern auf frischen Input. Und so erzählen wir seit Tag 1 unsere Geschichte auf vielen verschiedenen Kanälen, von der Baustelle bis zur fertigen Produktion. Wir streben nach Transparenz und Offenheit. Das Ganze mündet in einem modernen Produktdesign, ansprechend für die Barszene, Messen und Festivals. Wir wollen das Thema hochwertige Spirituosen viel weiter denken, uns ausleben. Vater als Kopf des Handwerks und der künstlerischen Ebene, ich als Sprachrohr und Markenstratege. Deutschland ist da der absolut beste Standort.

    DORIT SCHMITT: Whisky aus Deutschland - wie sind die Erfolgsaussichten auf dem internationalen Parkett?


    LEOPOLD SCHWARZE: In einer Welt, in der Regionalität nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern täglich weiter an Zustimmung gewinnt, sind die Chancen für lokale Produkte riesig. Whisky muss nicht aus Schottland kommen, auch hier in Erfurt gibt es beste Voraussetzungen für erstklassigen Single Malt. Und das nicht nur auf Grund unserer guten Rohstoffe. Ein gesunder Produktionsausstoß hat enorme Vorteile gegenüber der weltweiten Massenproduktion. Qualität und Kreativität kommen ganz anders zum Tragen, unsere Brennzyklen sind individuell auf unsere Bedürfnisse abgestimmt. Für aufmerksame und entdeckungsfreudige Whiskygenießer gibt es in Deutschland viel zu entdecken, Tendenz steigend.

    DORIT SCHMITT: Jeder Brennmeister hütet seine Geheimnisse. Welche davon kann ich Ihnen trotzdem entlocken, die ihren Whisky einzigartig machen werden?


    LEOPOLD SCHWARZE: Geduldig arbeiten, langsam und bei möglichst niedriger Temperatur brennen. Nur die besten Rohstoffe für das Maischen verwenden, Mut zum späten Abtrennen der Nachläufe. Im Grunde ist das Wichtigste ein gutes Analysesystem. Gerade im traditionellen Pot Still Verfahren, wo noch viel von Hand eingestellt wird. Nur wenn man sich genau notiert hat, unter welchen Parametern man maischt, vergärt und destilliert hat, sind die Auswirkungen der Fassreifung noch Jahre später zu deuten. Weil in unserer vergleichsweise kleinen Destillerie öfter die Rezepturen wechseln, ist diese Kontrolle sehr wichtig.

    DORIT SCHMITT: Was unterscheidet Ihre Whiskybrennerei von anderen?

    

    LEOPOLD SCHWARZE: Wir konzentrieren uns voll auf Singe Malt. Natürlich muss es aus wirtschaftlicher Sicht in den Anfangsjahren auch Nebenprodukte wie unseren Dry Gin geben. Die Arbeit mit den Botanicals macht im Übrigen auch extrem viel Spaß. Aber wir werden uns zu keiner Obstbrennerei entwickeln, bei der man fünfzig und mehr Spirituosen im Sortiment findet. Wir stehen für die klassisch schottische Tradition - Pot Still - kombiniert mit deutscher Brenntechnik. Das ist der Schlüssel zu einem guten Destillat.


    Abseits der Spirituose ist es aber auch unser Verständnis einer Kulturbrennerei, geprägt durch das künstlerische Schaffen von Nico. Wir sehen den Ort interdisziplinär, wollen veranstalten und mit anderen Erfurtern kollaborieren. Ausstellungen in Museen und Forschungseinrichtungen wie dem Sprengelmuseum Hannover, dem Fridericianum Kassel, dem Bundeskanzleramt oder der Humboldt-Universität sind nur einige der vergangenen Stationen. In den letzten drei Jahrzehnten hat Nico viel praktische Erfahrung gesammelt. Mit dem Erfurter Deserteursdenkmal, welches an die Opfer der NS–Militärjustiz erinnert, schuf er ein bedeutendes Mahnmal der Gegenwart. Solch kulturelle Themen in den Alltag zu integrieren, war schon immer Ziel seiner Arbeit. Die Brennerei soll überraschen und ein Stück mehr sein als nur Whisky. Wir wollen das Handwerk modernisieren, mit Kultur aufladen und so letztlich auch zugänglicher machen.

    DORIT SCHMITT: Was ist das Pot-Still-Verfahren und wie wirkt es sich auf die Qualität aus?


    LEOPOLD SCHWARZE: Anders als bei Obstbränden, wo Reinheit und das Herausfiltern von Blausäuren des Steinobstes eine wichtige Rolle spielen, bekommt Whisky eine jahrelange Fasslagerung. Durch diese interaktive Reifung mit der Eiche balanciert sich der Spirit über die Jahre aus. Im Fassmanagement können wir sensibel auf Veränderungen oder Fehltendenzen im Destillat einwirken. Da wir klimatisch heißer gelegen sind als die ehrwürdigen Schotten, geht dieser Prozess bei uns im Vergleich sogar schneller. So können trotz Pott Still Verfahren - die vermeintlich simplerer Brenntechnik - mehr Aromen mitnehmen. Für einen guten Whisky muss man hier nah an den Nachlauf herangehen, spät abtrennen. Durch unsere kleineren Brennblasen ist das Verhältnis von Destillat und Kupferreaktionsfläche deutlich günstiger, wir destillieren sehr behutsam. Es ist also nicht nur das Verfahren an sich, sondern auch der Umstand, dass wir als Mikrodestillerien sehr viel mehr Handarbeit in den Prozess legen können, als das bei den Weltmarktführern üblich ist.

    DORIT SCHMITT: Was kann ich mir unter dem Projekt Whisky Angels vorstellen?

    LEOPOLD SCHWARZE: Im Grunde ist es eine Kombination aus Abenteuer und Wertanlage. Ob allein, mit Freunden oder als Firma: Unter unserer Anleitung kriert man sein eigenen Fass Whisky, völlig individuell ab 50 Liter. Dieses Fass begleitet man bei der Reifung, bis zu 10 Jahren und mehr. Dank unserer einzigartigen Option "Teilabfüllung" kann man sogar jährlich ein paar Flaschen abfüllen. Das sind vortreffliche Geschenke, wer will kann den Whisky sogar weiterverkaufen. Eine solche Einzelfassabfüllung kann hohe Wertsteigerungen erzielen. Für viele Whiskyfans ist es ein Traum, ein eigenes Fass zu besitzen und in regelmäßigen Abständen zu besuchen und zu verkosten.

    Fotos: © Nicolai & Sohn | pixabay

    "Everyone becomes a philosopher with a drink in hand, but Whiskey & Philosophy takes this natural pairing to a new level." –  Whiskey and Philosophy

    Die Faszination, die von Whisky ausgeht

    DORIT SCHMITT: Ist Whiskybrennen eine Kunst?


    LEOPOLD SCHWARZE: So kann man es sagen. Viele Fans sehen das übrigens ähnlich. Fast keine andere Spirituose ist so komplex, so reich an guten Jahrgängen, so facettenreich – von der USA, über Schottland, Deutschland, Indien und Japan. Jeder Brenneneicharakter ist verschieden, eine ganze Welt des Whiskys eröffnet sich. Gerade weil man über die Fassreifung und das verheiraten verschiedener Fässer ganz individuelle Editionen entstehen lassen kann. Bei Nicolai & Sohn verbinden sich die geschmackliche Ebene mit Events, Ausstellungen, Konzerten. Wenn die Pandemie uns lässt, werden wir diesen ganzheitlichen Ansatz aus Kultur & Brennerei schnellstmöglich aufleben lassen.


    DORIT SCHMITT: Was macht die Faszination Whisky aus?


    LEOPOLD SCHWARZE: Die Wandelbarkeit, der Überraschungsmoment. Selbst wenn man einen bestimmten Whisky gut kennt, kann er verschiedene Reaktionen hervorrufen. Deshalb sind das Vergleichen und das gemeinsame Genießen unter Freunden, der beste Teil.


    DORIT SCHMITT: Beim Wein sagt man, er fördere das Gespräch. Wie sieht es bei Whisky aus?

     

    LEOPOLD ScHWARZE: Das kann ich nur bestätigen.


    DORIT SCHMITT: Wie beschrieben Sie den passenden Moment für ein gutes Glas Whisky?

     

    LEOPOLD SCHWARZE: Wenn man Lust hat, Appetit darauf hat. Unter Freunden, mit genügend Zeit und einem guten Gespräch. Für mich lässt sich Whisky auch super mit Essen kombinieren, mit einer Vesperplatte oder als Nachspeise, wenn man noch gesellig beisammensitzt.

    Annäherungsversuche, aber wie?

    DORIT SCHMITT: Wie sollte sich ein Newcomer an das Thema Whisky nähern?


    LEOPOLD SCHWARZE: Neben einem soliden Grundwissen zu den einzelnen Whiskytraditionen und ihren technischen Eigenarten, wächst die Erfahrung natürlich nur mit dem Probieren. Ich empfehle Flaschenteilungen und kleinere Samples, so kann man auch ohne viel Geld auszugeben die Vielfalt entdecken. Hier gibt es einige Anbieter die leicht im Internet zu finden sind. Sonst natürlich Whiskymessen und Tastings. Dort hat man auch immer den persönlichen Austausch und trifft Produzenten. Ansonsten: lang und ausgiebig riechen, sich Zeit nehmen, der Whisky darf durchaus mehrere Sekunden im Mund verharren und sich mit dem Speichel verbinden. Parallel immer wieder riechen und genießen! Vielleicht ein Tropfen Wasser, damit sich der Körper öffnet. Ich bin überzeugt, dass hier jeder seinen Weg finden wird.


    DORIT SCHMITT: Was sind die Unterschiede zwischen Scotch, Whisky und Bourbon?

     

    LEOPOLD SCHWARZE: Scotch liefert in erster Linie den regionalen Bezug. Er muss zwangsläufig aus Schottland kommen, die Basis für den Spirit ist gemälzter Gerste. Bourbon stammt aus dem USA und hat 51% Maisanteil in der Maische. Whisky ist nur ein Überbegriff.


    DORIT SCHMITT: Was ist ein Single Malt?


    LEOPOLD SCHWARZE: Wenn die Abfüllung aus einer Brennerei stammt. Fässer dürfen natürlich intern verheiratet werden, das vermengen verschiedener Malts aus verschiedenen Destillerien ist dagegen nicht gestattet.


    DORIT SCHMITT: Gibt es bei Whisky eine Kennzeichnung, wie die Farbe des Brandes zustande gekommen ist?


    LEOPOLD SCHWARZE: Die Regel ist: je aktiver und frischer die Fässer der Abfüllung waren, desto mehr Farbe wird abgegeben. Massenwhiskys werden künstlich gefärbt, um Kaufentscheidungen zu manipulieren. Der Trend geht hin zur Natürlichkeit, ungefilterte Whiskys mit sog. „Natural Color“.


    DORIT SCHMITT: Wie teilt man Whisky sensorisch ein?


    LEOPOLD SCHWARZE: Ich weiß gar nicht, ob es hierfür eine standardisierte Regelung gibt. Ein klassisches Aromenrad zeigt aber recht gut, dass es sich prinzipiell um die folgenden 6 Richtungen dreht: holzig, malzig, duftig, fruchtig, torfig und streng. Die einzelnen Kategorien können dann immer weiter beschrieben werden, so nähert man sich einer fachmännischen Bewertung an. Gerade für Einsteiger sind diese kleinen Hilfestellungen sehr angenehm.


    WERBUNG & BUCHTIPP

    "After decades of cut-and-paste offerings on the subject, this book is a must-read for anyone interested in whisk(e)y--whether single malt, bourbon, or anything else--and all that makes it truly unique."
    --Jim McEwan, Production Director, Bruichladdich Distillery
     
    "Does being a philosopher require an appreciation of good whiskey or does having an appreciation of good whiskey make one philosophical? Whichever is the case, Whiskey & Philosophy makes for a thought-provoking and thirst-inducing read. Cheers!"
    --Chris Morris, Master Distiller, Woodford Reserve Distillery
     
    "Whiskey & Philosophy contains a panacea of spiritual pleasure waiting to be enjoyed and shared. Many books have been written about whiskey, but few take you as deep into its inner world. It is an enlightening journey, and one that crosses boundaries and opens new doors. This is indeed a book that unlocks a treasure chest of pure liquid gold to the whiskey enthusiast."
    --Richard Paterson, Master Blender, Whyte and Mackay Ltd.
     
    Whiskey & Philosophy explores the heart and soul of this heady potation in a lively collection of essays from philosophers, other academics, and whiskey writers. From the first reference to Scotch in 1494 in the records of King James IV of Scotland to Hillary Clinton tossing back that famous shot of Crown Royal during the 2008 campaign, this spirited book captures the history of whiskey, its various forms, and associated philosophical issues.
     
    The talk is lively, the opinions run high, and Whiskey & Philosophy is a satisfying blend. Open and enjoy.


    Über den Autor und weitere Mitwirkende

    Fritz Allhoff, Ph.D., is Assistant Professor in the Department of Philosophy at Western Michigan University. His research areas are in ethical theory, applied ethics, and the philosophy of biology/science. He is the editor of Wine & Philosophy and Food & Philosophy (with Dave Monroe).
     
    Marcus P. Adams, M.A., is a Ph.D. student in the Department of History and Philosophy of Science at the University of Pittsburgh.



    Christelle Capitaine

    Cuisine de tous les jours

    Christelle Capitaine – eine Food-Spezialistin aus der Bretagne

    Liebe Christelle,

    es freut mich, dass ich Dich meinen Magazinlesern vorstellen darf. Du hast einen sehr inspirativen, französischen Foodblog www.cuisinedetouslesjours.com. In Deinem Blog stellt Du Deinen Lesern marktfrische lokale Produkte aus der Bretagne vor, die Du anschließend in Deinen Rezepten verarbeitet


    DORIT SCHMITT: Wo liegen Deine kulinarischen Wurzeln und was hat Dich geprägt?


    CHRISTELLE CAPITAINE: Meine kulinarischen Wurzeln sind stark von meiner Region inspiriert. Ich komme aus einem kleinen Dorf in der Bretagne. Meine Küche hat sich aber auch im Laufe der Jahre durch das Kochen für meine Familie entwickelt.


    DORIT SCHMITT: Wer hat Dir das Kochen beigebracht?


    CHRISTELLE CAPITAINE: Ich habe von niemandem gelernt, wie man kocht. Viel habe ich aus Kochbüchern und dem Internet gelernt. Einige Gerichte oder Techniken habe ich von meinen Reisen und Begegnungen übernommen, die ich machen konnte.


    DORIT SCHMITT: Was unterscheidet Deine Küche heute von der Deiner Mama?


    CHRISTELLE CAPITAINE: Meine Küche ist offener und orientiert sich stärker an der Küche anderer Länder oder Regionen. Die Küche meiner Mutter basierte auf französischen und/oder regionalen Hausrezepten. Ich integriere diese Ursprünge, aber ich versuche, sie in den Geschmack von Heute zu bringen.


    DORIT SCHMITT: Was denkst Du, kann jeder kochen lernen? Oder braucht es dafür ein paar Grundvoraussetzungen?


    CHRISTELLE CAPITAINE: Ich glaube, dass jeder kochen kann. Die Praxis und sehr nützliche Utensilien ermöglichen es heute, sich zu verbessern und Gerichte zu kochen, die früher nicht für alle machbar erschienen. Meiner Meinung nach brauchen wir keine Grundvoraussetzungen, nur ein wenig Lust aufs Kochen und eine gute Portion Motivation.


    DORIT SCHMITT: Wo lebst Du heute?


    CHRISTELLE CAPITAINE: Ich lebe immer noch in der Bretagne. Seit 20 Jahren wohne ich in der Nähe von Rennes, der bevölkerungsstärksten Stadt der Bretagne.


    DORIT SCHMITT: Du bist zur Bloggerin und Botschafterin der bretonischen Kulinarik geworden. Wie lange gibt es Deinen Blog schon? Wieso hast Du angefangen darüber zu schreiben, was Du zu Hause kochst?


    CHRISTELLE CAPITAINE: Ich bin seit 10 Jahren Bloggerin. Am Anfang war es mein Wunsch, einfache und leicht zugängliche Rezepte mit Leuten zu teilen, die wie ich nicht viel Zeit hatten, aber kochen wollten, um «Hausgemachtes» zu machen. Im Laufe der Zeit hat sich mein Blog dann zu einer Möglichkeit entwickelt, interessante Produkte und Produzenten zu entdecken  . . .


    DORIT SCHMITT: Ist das Bloggen heute ein Fulltime-Job für Dich?


    CHRISTELLE CAPITAINE: Heute blogge ich immer noch, aber etwas wenig weniger als früher. Es ist jedoch der Ausgangspunkt für meine neue berufliche Tätigkeit. Meine Aufgabe ist es heute, kulinarische Inhalte für Marken, Produzenten oder Gastronomen zu kreieren – hauptsächlich für das Web und soziale Netzwerke. Ich liebe meinen Job, der es mir ermöglicht, die Fähigkeiten, die ich in meinem alten Job erworben habe, mit Kommunikation und meiner Leidenschaft für das Kochen zu verbinden.


    DORIT SCHMITT: Welche Lebensmittel oder Gerichte aus der Bretagne würdest Du uns gerne ans Herz legen?


    CHRISTELLE CAPITAINE: Es gibt so viele bretonische Spezialitäten, die es wert sind, probiert zu werden. Wir haben eine große Vielfalt an Meeresfrüchten und Fleischgerichten –  die aus verschiedenen Ecken der Region kommen. Ebenso köstliche Desserts wie Pfannkuchen oder Far breton, einen Kuchenklassiker, die man sich nicht entgehen lassen sollte, wenn man in die Bretagne kommt!


    DORIT SCHMITT: Auf was achtest Du besonders, wenn Du Lebensmittel einkaufst?


    CHRISTELLE CAPITAINE: Ich bin ein großer Fan von Wochenmärkten. Ich habe das große Glück, in meiner Nähe einen der schönsten Lebensmittelmärkte Frankreichs zu haben. Also besorge ich dort den Großteil meiner Einkäufe. Die Frische, die Herkunft und die Qualität der Produkte, die ich zum Kochen verwende, sind mir sehr wichtig.


    DORIT SCHMITT: Welche Ausflugstipps hast Du für uns, wenn wir die Bretagne bereisen wollen? Gibt es hier ein paar kulinarische Hot-Spots, die man unbedingt gesehen haben sollte? Ich denke dabei beispielsweise an die Küsten, an denen nach den Jakobsmuscheln getaucht wird.


    CHRISTELLE CAPITAINE: Die bretonischen Küsten ist voller interessanter Spots für die Entdeckung von Meeresfrüchten wie Schalentiere, Muscheln und Fischen … So ist die Bucht von St Brieuc in den Côtes d 'Armor ein Muss für die Jakobsmuscheln, der Hafen von Le Guilvinec im Finistère ist der ideale Ort, um Kaisergranat zu probieren, was die Austern betrifft, die von Cancale oder dem Golf von Morbihan sind köstlich … Und nicht zu vergessen das Fleisch von den Lämmern der salzigen Wiesen von Ouessant oder der Bucht des Mont St Michel oder das Gemüse von St Pol de Léon – besonders lecker der Blumenkohl, die Artischocken, die rosa Zwiebeln von Roscoff … Es gibt viele köstliche Produkte in der Bretagne zu probieren!


    EDITORIAL

    "Es ist kein leichtes Unterfangen, die Menschen einer Oberpfälzer Kleinstadt vom Genuss zu überzeugen, der über die Liebe zum Bier, den Weißwürsten und der Leberkässemmel hinausgeht. Ich weiß, wovon ich spreche, hatte ich selbst vor über 10 Jahren mit Chateau et Chocolat ein sehr schönes Feinkostgeschäft in meiner alten Heimat geführt, das hauptsächlich von den Zugezogenen entdeckt und unterstützt wurde. Dabei hat die Stadt das Potenzial und genügend Einwohner, die es sich leisten könnten, für regionale Produkte und kleine Manufakturen, tiefer in die Tasche zu greifen. Zudem jeder Einkauf in den kleinen Geschäften, nicht nur deren Überleben sichert, sondern auch eine Stadt liebenswert macht. Kleine Läden sind die Seele einer Einkaufsstraße. Das Leben kommt von kleinen Cafés, Feinkostgeschäften, Eisdielen, Modegeschäften jenseits der großen Ketten, Bauernmärkten, Gemüsehändlern und Buchhändlern, Metzgereien, Restaurants und schicken Weinbars. Wir sollten alle darauf achten, dass sie nicht alle aus unserem Stadtbild verschwinden! Einer hat es gewagt. Floris Genusstheke ist eine kleine Bastion für Feinschmecker der Region, die es zu unterstützen gilt." Dorit Schmitt

    Floris Genusstheke - die kleine Feinschmecker-Bastion in Neumarkt

    Seit September 2017 bereichert Florian Fleischmann, besser bekannt als Flori, den Viehmarkt in Neumarkt. Er hat die ehemaligen Ladenräume der Käsehütte bezogen und in einen gemütlichen Treffpunkt für Genießer umgewandelt. Hier kann man sich auf ein Schwätzchen zu einem Espresso verabreden - wie in Italien. Die Kühltheke birgt eine reiche Auswahl feiner Sachen, die zum großen Teil von Flori selbst zubereitet wurden. Der gelernte Koch versteht sein Handwerk. Nach der Kochlehre im Hotel Schloss Pilsach, vertiefte er sein Wissen in Neumarkt (Hotel Mehl), am Tegernsee (Hotel Egener Hof bei Michael Fell, 1-Michelin-Stern / Hotel Bachmair Weissach) in Bad Wiessee (Hotel Sonnenbichl bei Dieter Maiwert, 1-Michelin-Stern) und erneut in Rottach-Egern am Tegernsee (Kirschner Stuben).

    Zurück in der Heimat kochte Florian die folgenden Jahre im elterlichen Betrieb, dem Gasthof Fleischmann in Pölling, von woher ihn die meisten Neumarkter sicherlich noch kennen.

    DORIT SCHMITT: Flori, was verbindet Dich mit der Stadt Neumarkt i.d.OPf., um gerade hier Deinen Laden zu eröffnen?  Wäre es in einer größeren Stadt nicht einfacher gewesen, ein Feinkostgeschäft zu eröffnen?

    

    FLORIAN FLEISCHMANN:  Im Alter von 12 Jahren bin ich nach Pölling (Ortsteil von Neumarkt) gekommen. Seitdem habe ich hier einen großen Freundes- und Bekanntenkreis aufbauen können. Viele dieser Freunde begleiten mich seit dieser Zeit, auch wenn ich später beruflich fast sieben Jahre unterwegs gewesen bin. Ein weiterer Grund ist der Gastronomiebetrieb meiner Eltern gewesen. Hier habe ich meine damalige Frau kennengelernt. Mittlerweile sind wir seit drei Jahren geschieden. Aber wir haben zwei wunderbare Jungs, 9 und 12 Jahre alt, auf die könnte ich nicht verzichten. In Großstädten war ich ein paar Mal, aber das ist nix für mich. Ich brauche eine kleine, schöne und gemütliche Stadt. Drumrum Dörfer, Wiesen und Wälder. Schnell mit dem Fahrrad ab in den Wald, um neue Energie zu tanken und frische Ideen zu sammeln – das ist genau das, was ich brauche.

    In einer Großstadt könnte es eventuell leichter sein mit so einem Laden, aber es kostet auch alles mehr. Und die Leute sind da oft noch gestresster. Der kleine Laden in einer Seitenstraße, wie im Urlaub, einfach und gemütlich - das ist perfekt für mich. Hier kann jeder Zeit verbringen, bei einem Espresso oder einem Glaserl Wein, und danach noch etwas einkaufen.

    DORIT SCHMITT: Momentan legt ein Virus unser komplettes Leben still. Das betrifft nicht nur unser Privatleben, sondern wirkt sich auch auf unsere Wirtschaft aus. Wie beeinträchtigt Dich die Corona-Krise und welche Ideen hast Du entwickelt, um diese Zeit mit Deinen Kunden in Kontakt zu bleiben?


    FLORIAN FLEISCHMANN:  Die Corona- Krise hat mich leider voll getroffen. Zum Glück habe ich die Unterstützung vom Staat bekommen. Meine Kunden erreiche ich vermehrt über Facebook und Instagram. Meine Genusstheke ist momentan nur bis 15:00 geöffnet. Aber das sind oft sehr lange Arbeitstage, wenn gerade einmal 3 bis 5 Kunden am Tag zum Einkaufen vorbei kommen. Traurig aber wahr! Meine Stammkunden kommen erfreulicherweise auch jetzt in diesen schwierigen Zeiten regelmäßig und unterstützen mich. Da in der Stadt jedoch kaum etwas geöffnet ist, fahren die meisten in den Supermarkt und besorgen sich dort alles, was sie brauchen. Da wird der kleine Feinkostladen in der Seitenstraße schnell vergessen. Ich mach jetzt jeden Donnerstag und Freitag ein Gericht, das zwischen 17:00 und 18:00 Uhr abgeholt werden kann. Voraussetzung ist die vorherige Reservierung. Das klappt ganz gut, aber damit fängst du keinen Wochenumsatz auf.  Ich liebe meinen Job und die Genusstheke, und bin sehr froh, wenn die Krise überstanden ist. Ich vermisse das Leben im Laden. 


    DORIT SCHMITT: Was kann der Genießer bei Dir alles aus Floris Genusstheke bekommen?


    FLORIAN FLEISCHMANN:  Bei mir gibts Käse, Salami, Schinken und Lardo. Außerdem hausgemachte Brotaufstriche, Antipasti, Essig, Olivenöl, Wein, Pasta, sowie eine große Auswahl an Trüffelprodukten. Ich bin V ertriebspartner von O´Donnell und Heimat Gin. Bei mir können individuelle Geschenkkörbe oder der Plattenservice für Zuhause bestellt werden. Der Gast kann kleine Gerichte im Laden genießen, sich hier mit Freunden auf a Glaserl Wein treffen oder einfach nur einen Espresso trinken. 


    DORIT SCHMITT: Die von Dir angebotenen Genussabende haben sich herumgesprochen und sind fast jeden Monat ausverkauft gewesen. Was erwartet den Gast, der noch nicht bei Dir war, an so einem Abend, der hoffentlich bald wieder stattfinden kann.


    FLORIAN FLEISCHMANN:  Ich richte neben den beliebten Genussabenden auch Geburtstagsfeiern, Weihnachtsfeiern und Familienfeste aus. Die Genusstheke kann jeder für seine private Feier- oder Freundestreffen mieten. Ab 10 Personen von Montag bis Freitag ist das bereits möglich.  Bei den Genussabenden kann teilweise sogar zugeschaut werden, wenn wir kochen und anrichten. Meistens wird etwas aus der Genusstheke in dem kleinen Menü verarbeitet. So kann ich bestens die Fragen zu meinen Produkten beantworten. Und viele kommen danach wieder zum Einkaufen. Meine Gäste werden an den Abenden in Gruppen zusammengesetzt, und es ist jedes Mal erstaunlich wie fröhlich sich die Stimmung unter den Leuten entwickelt. Im Sommer, bei schönem Wetter, findet der Genussabend draußen vor dem Laden statt – begleitet von stimmungsvoller Musik und guter Laune. Ich freue mich sehr, wenn aus Kunden Freunde werden. Den Gästen haben Spaß und so hat sich das herumgesprochen. Eine bessere Werbung kann man nicht für den Laden machen.

    Floris Genusstheke hat sich 2017, am Viehmarkt 4, in Neumarkt i.d.OPf., in den ehemaligen Ladenräumen des Käseladens eingerichtet. Der gelernte Koch, Florian Fleischmann, betreibt mit viel Engagement einen Feinkostladen. Hinzukommen außer Haus Caterings und Genussabende, die im Laden in kuscheliger Atmosphäre ausgerichtet werden.


    Rotwein ist in Deutschland groß im Kommen!

    Deutschland ist Riesling-Land, zumindest was das internationale Ansehen des Weines betrifft. Deutscher Riesling wird weltweit erfolgreich exportiert. Doch nun steht ein weiterer Anwärter auf den Thron bereit: der Spätburgunder, den man nun, für bessere Chancen auf dem Markt gerne einfach Pinot Noir nennt.


    Dorit Schmitt | November 2018


    Gerade die Moselrieslinge haben in den letzten Jahrzehnten eine 180-Grad-Wendung vollzogen, weg von (zu) süßen und opulenten Weinen, hin zu eleganten komplexen Tropfen, die ihr Süße-Säure-Spiel, selbst in den trockenen Vertretern, perfektioniert haben. Wer rechnet also damit, in den Steilhängen und Terrassen der Mosel auch unglaubliches Potenzial für Pinot Noir vorzufinden?

    Den, in früheren Tagen eher zu fetten, marmeladigen und belanglosen Spätburgundern, folgen inzwischen elegante, vielschichtige und gekonnt in Holz ausgebaute Topqualitäten. Dabei ist Pinot Noir ebenso wie der Riesling in der Lage, sein Terroir perfekt abzubilden. In dieser Ausgabe stelle ich Euch Rotweinmacher vor, die in ihren ursprünglich für Riesling bekannt gewordenen Anbaugebieten exzellente Rotweine in die Flasche bringen. 


    Winterzeit ist die beliebteste Rotweinzeit! Neben eleganten Früh- und Spätburgundern finden wir in Deutschland bereits samtig, würzigen Merlot und andere internationale rote Rebsorten, die in unseren Breiten vorzügliche Weine ergeben. Lasst Euch ruhig auf die Roten von Mosel, Saar, Nahe und der Pfalz ein, und entdeckt, was in diesen Regionen neben Riesling sonst noch großartiges steckt!

    Pfalz: Bio? Logisch!

    Das Weingut Mohr-Gutting aus Duttweiler in der Pfalz setzt seit 2008 konsequent auf ökologischen Weinbau. Im Jahr 2012 schloss sich der Familienbetrieb dem Verband der EcoVin-Weingüter an. Ganz im Sinne eines verantwortungsvollen, zukunftsorientierten ökologischen Weinbaus.


    DORIT SCHMITT: Vor über 10 Jahren habt Ihr Euch für den ökologischen Weinbau entschieden. Gab es schon Jahre, an denen Ihr an dieser Entscheidung gezweifelt habt?


    SIMONE GUTTING: Nein, eigentlich nicht. Es war eher so, dass wir in schweren Jahren dachten – unsere Weinberge stehen auch nicht schlechter da wie die von konventionell wirtschaftenden Weingütern. Das hat uns eher noch in unserem Schritt bestätigt.


    DORIT SCHMITT: Spürt Ihr, dass die Weinkäufer vermehrt nach Bioweinen fragen?


    SIMONE GUTTING: Tatsächlich kommen Gäste ins Weingut, die gezielt nach einem Biowein suchen. Aber gerade auf Weinmessen, wo man viel Kontakt mit den verschiedensten Weinkunden hat, stellen wir immer wieder fest, dass vielen Verbrauchern nicht klar ist, worin der Unterschied besteht und dass es überhaupt einen Unterschied gibt. 


    DORIT SCHMITT : Was sagt Ihr diesen Kunden, was einen Biowein vom konventionellen Wein unterscheidet?


    SIMONE GUTTING: Die Herangehensweise ist eine andere. Wir betrachten das ganze System „Weinberg“. Dazu ist eine Begrünung mit zahlreichen Pflanzenarten im ökologischen Weinbau unabdingbar. Sie verhindert Erosion, verbessert das Durchwurzeln und bietet Nützlingen Lebensraum. So wachsen die Reben ausgeglichener und sind auf Dauer widerstandsfähiger gegen Krankheiten.


    DORIT SCHMITT: Liegt die Zukunft des Weinbaus in Zeiten des spürbaren Klimawandels im Rotwein?


    SIMONE GUTTING: Wenn ich an das Weinjahr 2014 denke, in dem das erste Mal das Phänomen „Kirschessigfliege“ aufgetaucht ist – dann wohl eher nicht. Wobei es hier sehr starke Differenzen zwischen den Rotweinsorten gibt. Ich denke, dass sich das Sortenspektrum in Zukunft insgesamt verändern wird, auch wegen des Klimawandels. Es wird jetzt schon deutlich, dass einige Sorten nicht gut mit dem Klimawandel klar kommen. Der Riesling beispielsweise gehört definitiv zu den Verlierern, zumindest in unseren Breiten. 


    2016 | Duttweiler Mandelberg, Spätburgunder QbA trocken

    Der Spätburgunder gehört zweifellos zu den anspruchsvollsten Rotweinsorten in unseren Breiten. Um zu einem großen Wein werden zu können, benötigt der Rebstock im Weinberg bereits intensive Pflege der Laubwand, das Ausdünnen der Gescheine und eine selektive Handlese. Nur gesunde und reife Trauben kommen in die Presse. Vollendet wird der Wein in einer 12-monatigen Reifelagerung – sowohl im traditionellen Eichenholzfass als auch im 500-Liter-Eichenholztonneau. Das Produkt ist ein eindrucksvoller, komplexer Rotwein, der verdienter EcoWinner 2018 wurde. 13,5 %vol.


    Pfalz: Im Aufwind

    Die Pfälzer verstehen etwas von gutem Essen und von gutem Wein. Neben den traditionellen Rebsorten konnten sich im zweitgrößten Weinbaugebiet Deutschlands moderne internationale Reben etablieren, wie St. Laurent,  Lagrein, Merlot, Muskateller, Chardonnay und Sauvignon Blanc.


    DORIT SCHMITT: Mit dem Neubau Eures modernen Weinguts habt Ihr den Weg in die Zukunft geebnet. Was muss ein familiengeführtes Weingut alles beachten, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein?


    KATJA NETT: Den Lauf der Zeit muss man immer im Auge behalten, um rechtzeitig die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das erfordert viel Fingerspitzengefühl und Weitsichtigkeit. Kontinuierlich gute Arbeit ist EIN Erfolgsfaktor von vielen. Ein starker Familienverbund ist ebenfalls sehr wichtig und auch die Kleinen sollen Spaß am Mithelfen haben.


    DORIT SCHMITT: Neben dem klassischen Spätburgunder habt Ihr auch Lagrein und Merlot im Angebot. Wie kam es zu diesen Sorten?


    KATJA NETT: Lagrein haben wir in unseren Skiurlauben in Südtirol kennen und lieben gelernt. 2003 entschied sich Christian dann zum Versuchsanbau von Lagrein bei uns in der Pfalz, um zu sehen, wie sich die Sorte entwickelt. Dank des Klimawandels passt der Südtiroler mittlerweile prima in die Pfalz. Bei Merlot haben wir erst in einer kleinen Parzelle die Rebsorte angepflanzt, damals waren es 0,15 ha, heute sind wir bei 1 ha Merlot angekommen. Auch Shiraz ist als Kleinversuch nun im Anbau und künftig kann man auch über Malbec und Tempranillo nachdenken.


    DORIT SCHMITT: Orangewein, Naturwein oder Biodynamie, wie experimentierfreudig muss man heutzutage als Winzer sein, um den Kundengeschmack zu treffen?


    KATJA NETT: Experimentieren sollte man im Weinberg und im Keller schon, um immer „up to date“ zu bleiben. Bio wird mittlerweile fast als Standard von den Konsumenten vorausgesetzt. Das muss man als Lebenseinstellung sehen und im Weingut umsetzen. Wir experimentieren erst auf kleinen Parzellen und kleinen Chargen, wie z. B. mit Evil Twin, unserem Orangewein. Gelingt das Experiment, steht einer kleinen Abfüllung dann nichts mehr im Weg.


    „Ich mag unseren Merlot Kreuz sehr wegen seiner tollen Fruchtnote gepaart mit elegantem Holz. Es unterstützt den Wein und erschlägt ihn nicht, was dem Merlot eine tolle Tiefe gibt. Kamin an, Wein ins Glas und genießen.“ – Katja Nett


    2016 | Merlot „Kreuz“, trocken 

    Auf einem Südhang mit sandigem Lehmboden gedeiht dieser Merlot in der Pfalz. Die Trauben liegen 18 Tage offen auf der Maische, danach reifen sie für 2 Monate im Edelstahl und ganze 16 Monate im Barrique. Das Ergebnis zeigt in der Nase schöne rauchige Aromen und viel Pflaume. Der Wein besitzt seidiges Tannin und eine elegante Frucht bei bestens integrierter Säure. Insgesamt kann man zu diesem Merlot sagen, dass er mit seinem Schliff und seiner Finesse, ein ebenso schöner Begleiter zum feinen Sonntagsbraten als auch zu raffinierten Gerichten ist. 13,6 %vol.


    Nahe: Die Entdeckung

    Weinkenner schätzen die Weine von der Nahe, die dank der vielschichtigen Böden eine enorme Komplexität und Eleganz entwickeln. Ein besonders gutes Händchen im Umgang mit dem besonderen Terroir beweisen Ute und Heiko Bamberger bei ihren charaktervollen Weinen und Winzersekten. 


    DORIT SCHMITT: Kann sich Spätburgunder auf der internationalen Bühne zum neuen Aushängeschild deutscher Weine entwickeln, ähnlich dem Riesling?


    UTE BAMBERGER: Von mir ein klares Ja!  Spätburgunder ist für mich die „rote Antwort“ auf Riesling. Sie zeigt ebenso schön das Terroir und die Handschrift des Winzers. On top ist sie unfassbar vielseitig zu verarbeiten, alleine bei uns wird Spätburgunder für Sekt, Blanc de Noir und Rotwein verwendet.


    DORIT SCHMITT: Wie würdet Ihr die Stilistik Eurer Spätburgunder im Vergleich zu denen aus anderen Weinbauregionen beschreiben?


    UTE BAMBERGER:  Unsere Weine stehen für ein kühles Klima (cool climate). Es sind schlanke und gradlinige, fruchtbetonte, trockene Weine, die sich durch Länge und Finesse auszeichnen. Beim Ausbau unserer Spätburgunder Rotweine setzen wir zusätzlich das Reifen in Holz- oder Barriquefässern ein und lassen den Weinen vor allem Zeit, sich zu entwickeln. Unsere kräftigeren Rotweine würde ich komplex, spannend und elegant beschreiben. Vergleiche scheue ich etwas, da wir unsere Stilistik nicht kopieren. Doch kommt sie den Spätburgundern von der Ahr am nächsten. 


    DORIT SCHMITT: Habt Ihr schon mal über einen roten Sekt aus 100 Prozent Spätburgunder nachgedacht?


    UTE BAMBERGER: Nachgedacht ja, aber schnell verworfen. Sicher originell, aber die Tannine kommen durch die Perlage stärker in den Vordergrund. Diese gekonnt einzubinden gelingt meist nur über eine verbleibende Restsüße, die mir persönlich zum Charakter eines Spätburgunders nicht gefällt.


    „Ich bin davon überzeugt, dass dem deutschen Spätburgunder eine tolle Zeit bevorsteht …

    Für mich zu Recht!“
    – Ute Bamberger


    2011 | Meddersheimer Rheingrafenberg, Spätburgunder Réserve, trocken

    Steile Hänge mit roten Sandsteinverwitterungsböden lassen Spätburgunder Trauben von unglaublicher Eleganz heranreifen. Nach 28 Tagen offener Maischegärung in der Bütte und einer 40-monatigen Lagerung in Barriques, zeigt dieser Spätburgunder ein volles Bouquet nach roten Beeren, wilden Pflaumen und Sauerkirschen. In diesen Aromenreigen fügen sich florale Noten und Anklänge von Gewürzen wie Zimt und Nelken. Die Tannine sind elegant und fein eingebunden. Ein komplexer Wein mit einer angenehmen Mineralität, der nicht nur zu Wild und Steak oder als Solist eine gute Figur macht, sonder auch hervorragend zur gebratenen Ente oder Gans in der Weihnachtszeit harmoniert. 13,5 %vol. 


    Mosel: Auf Schatzsuche 

    Die Rinkes haben sich 2006 entschlossen, Wein zu machen. Und sie hatten den Mut, in eine von Brombeeren überwucherte Parzelle von ca. 3 ha an der südlichen Weinmosel zu investieren. Heute kann man sagen, das Weingut hat mit dem Langsurer Brüderberg einen wahren Schatz gefunden.


    DORIT SCHMITT: Ihr habt das Potenzial der Obermosel erkannt und Euch getraut, neben dem Gemischten Satz auch auf Pinot Noir zu setzen. Wird der Mut belohnt?


    MARION RINKE: Absolut. Wir verzeichnen eine ständig ansteigende Nachfrage nach Pinot Noir. Wir sind derzeit fast ausverkauft, und die 2017er wollen wir noch nicht füllen, weil sie noch ein wenig Zeit brauchen.


    DORIT SCHMITT: Seit 3 Jahren sind 1,5 ha Schiefer-Steil- und Steilstlagen an der Saar dazugekommen. Was unterscheidet einen Pinot Noir vom Frühburgunder?


    MARION RINKE:   Frühburgunder ist eine natürliche Mutation des Spätburgunders, der sich im 19. Jahrhundert in der sogenannten kleinen Eiszeit aus dem Pinot Noir entwickelt hat, der aufgrund des kühlen Klimas nicht mehr richtig ausreifte. Er hat eine dünnere Schale und reift circa 3-4 Wochen früher als sein Verwandter. Der Frühburgunder ist eine eigenständige Rebsorte mit einer besonderen Charakteristik. Er ist die zickigste Rebsorte, die man sich vorstellen kann. Wenn es kurz vor der Ernte einen einzigen heftigen Regen gibt, ist alles weg. Frühe Reife und eine feine, samtigere Art machen ihn unverwechselbar. Seine Verbreitung geht mehr und mehr zurück, da den Aufwand und die Risiken, die die Frühburgunderrebe mit sich bringt, viele Betriebe scheuen. Für mich ist es die Rebsorte, deren An- und Ausbau mir am meisten Freude bereitet.


    DORIT SCHMITT: Welche Rebsorten werden in Zukunft das Renommee deutscher Weine prägen?


    MARION RINKE: Das lässt sich in dieser Allgemeinheit nicht sagen. Wir leben in Zeiten des Klimawandels und an der Mosel werden immer bessere Pinot Noirs, Frühburgunder und weiße Burgundersorten erzeugt. Im Gegensatz zu anderen Weinregionen werden diese Weine noch immer eine ausreichende Säurestruktur mitbringen. Ich sehe die Mosel voll im Aufwind. Wir haben keine Schwierigkeiten mehr, jedes Jahr unsere Trauben zur physiologischen Reife zu bringen. Insbesondere die Saar spielt mit zunehmender Erwärmung ihre Vorteile voll aus. Schon mein Großvater (1890 geboren) hat immer gesagt, in guten Jahren seien die Saar-Weine die besseren Moselweine. 


    „Unseren Frühburgunder aus dem Wiltinger Braunfels würde ich mit seinen Noten von Paprika, schwarzem Pfeffer und Kräutern immer wieder erkennen.“
    – Marion Rinke


    2016 | Wiltinger Braunfels,  Frühburgunder (Pinot Noir précoce) von der Saar

    Dieser trocken ausgebaute Frühburgunder besitzt einen zarten Duft nach Heidelbeeren und weist komplexe Aromen am Gaumen auf. Er zeigt sich dabei leicht rauchig mit Aromen von schwarzem Pfeffer. Dieser Rote von der Saar ist vielschichtig, bestens strukturiert und mit beachtlicher Länge. Mit Kalbsbraten geht der Wein eine wunderbare Genussallianz ein. 12,5 %vol. 



    Petra Stark

    Weingut Werk2

    Petra Stark und Ihr Mann Hans-Joachim Klose sind die beiden sympathischen Enthusiasten, die sich dem Weinbau und dem Bierbrauen (Craft Beer MonkeyX) verschrieben haben.

    Verabredung zum Smalltalk

    Smalltalk mit Petra Stark und Hans-Joachim Klose vom Weingut Werk2, den beiden sympathischen Enthusiasten, die sich dem Weinbau und dem Bierbrauen verschrieben haben. Ich habe gefragt, welche Erinnerungen sie mit Asienreisen verbinden und welche Vorlieben sie bei asiatischen Gerichten haben.

    DORIT SCHMITT: „Liebe Petra, habt Ihr denn schon einmal eine Reise nach Asien unternommen? Und welche Erlebnisse sind Euch dabei besonders in Erinnerung geblieben?“


    PETRA STARK: „Unsere erste Asienreise war Hongkong 2012. Hier verschmelzen alle asiatischen Einflüsse auf engstem Raum miteinander. Und hier haben wir die Garküchen mit den unterschiedlichen Zubereitungen kennen- und lieben gelernt.“


    DORIT SCHMITT: „Welches Reiseziel in Asien steht denn ganz oben auf Eurer Wunschliste?“


    PETRA STARK: „Unbedingt Japan! Die Kultur fasziniert uns. Wir lieben Sushi und Tempura und wollen mehr über Land und Leute erfahren - und natürlich noch viel mehr in die Kulinarik eintauchen. Als begeisterte Skifahrer wäre ein Skiurlaub ebenfalls ein Traum in diesem Land.“


    DORIT SCHMITT: „Das klingt sehr spannend. Nicht zuletzt sind Japan und Teile Asiens ein nicht zu unterschätzender Markt für Deutschen Riesling. Apropos Wein - probierst Du zu Hause denn auch mal Rezepte aus der asiatischen Küche aus? Und welcher Eurer Weine kommt dazu auf den Tisch? Wobei ja neuerdings auch die Wahlmöglichkeit für ein kühles Craft Bier besteht.“


    PETRA STARK: „Wir kochen schon öfter mal asiatisch, dann am liebsten thailändisch oder indisch. Also Currys, Reisgerichte und viel Gemüse. Und Ramen - diese japanische Nudelsuppe lieben wir! Natürlich wird auch gerne ein Glas Wein dazu getrunken. Aus unserem Sortiment öffnen wir gerne den Smalltak - weil er meist fruchtiger ist und angenehme Restsüße hat - oder unseren Swing, das ist unser halbtrockener Riesling. Der ist prima, wenn es wirklich scharfe Gerichte gibt. Ich bevorzuge allerdings eine etwas fruchtigere Schärfe, die nicht jeden Geschmack des Gerichts überdeckt. Für diejenigen, die es schärfer wollen, stehen noch Saucen auf dem Tisch.


    Unser MonkeyX, das haben wir kürzlich herausgefunden, passt perfekt zu einer gebratenen Entenbrust mit asiatischem Gemüse und einer fruchtig scharfen Sauce.“


    DORIT SCHMITT: „Welche Saucen dürfen bei Dir zum asiatischen Kochen auf keinen Fall fehlen?“


    PETRA STARK: „Sojasaucen, Sambal Oelek, Currypasten und indische Currymischungen.“

    Hier gehts zum Rezept: Limetten-Reisnudeln mit Garnelen


    Freier Journalist und Kochbuchautor

    Der gelernte Koch ist als Autor und Rezeptentwickler für Verlage und Redaktionen tätig und veröffentlichte bereits zahlreiche Kochbücher. Als freier Journalist schreibt er kulinarische Texte, Kolumnen und Reisereportagen für Magazine und Tageszeitungen. Seit 2008 betreibt er unter einen der meistgelesenen Food-Blogs im deutschsprachigen Raum.

    Aus der japanischen Küche sind Dashi und Miso-Paste nicht wegzudenken! Stevan Paul stellt in seinem Buch, „Meine japanische Küche“ zwei Rezepte vor, wie man Dashi - und falsches Dashi - auch zu Hause ansetzen kann. Mein Interview mit dem sympathischen Stevan zu seinem Kochbuch könnt Ihr hier nachlesen.

    Die etwas andere Buchbesprechung

    „Hab ich nicht schon zu fast jedem Rezept was geschrieben? Wollen wir stattdessen nicht lieber ein kleines Interview machen? Schick mir einfach Deine Fragen, ich schreib die Antworten, Du hast kein Galama", sagt mir Stevan, als ich ihn zu Rezepten und Kochtipps aus seinem neuen Kochbuch "Meine japanische Küche" befragen wollte.


    Ok. Gesagt. Getan! 


    DORIT SCHMITT: „Manchmal frage ich mich, ob es wirklich unter all den Kochenthusiasten meiner Generation noch jemanden gibt, der Dich nicht kennt? Wirst Du doch inzwischen schon mit Deinem englischen Kollegen Jamie Oliver verglichen. Und ich muss sagen, als wir uns in Jerez auf unserer Sherry-Pressereise das erste Mal getroffen haben, fand ich Dich ebenso sympathisch, wie Jamie immer im TV wirkt. Apropos das Stichwort Sherry. Das will ich auch gleich aufgreifen, denn Du hast in Deinem Buch „Meine japanische Küche“ auch ein Kapitel mit den passenden Getränken geschrieben. Unter anderem stellst Du auch Sherry vor. Wie bist Du denn auf Sherry als passenden Begleiter zur japanischen Küche gekommen?“


    STEVAN PAUL: „Erstmal: ich liebe Sherry! Diese Eleganz, die komplexe Vielfalt dieser, ja, Weine, empfehlen Sherry als wandelbare Begleiter zum Essen. Zur japanischen Küche passen insbesondere Fino, Manzanilla und zu Gegrilltem auch Olorosso Sherry besonders gut. Wie das klassische Getränk der japanischen Küche, der Sake, betört auch der Sherry mit klarer vielschichtiger Eleganz - wenn er nur perfekt gekühlt ist!“


    DORIT SCHMITT: „Einladungen zum Essen müssen bei Dir etwas ganz Besonderes sein. Zum einen weiß ich, dass Du das Kochen von der Pike auf gelernt hast, und dann habe ich Dich als einen äußerst witzigen und belesenen Kerl erleben dürfen. Sind Deine Freunde bei Deinen Kochbuchrecherchen sowas wie Sparringspartner? Also, mussten sie – eigentlich muss es ja heißen „durften sie“ – Rezepte mit Dir ausprobieren, um dann zu berichten, ob sich das auch gut nachkochen lässt? Und wie es schmeckt?“


    STEVAN PAUL: „Ich bin in der Rezeptentwicklung eigentlich eher der zurückgezogene Eigenbrötler, das ist auch am Anfang eher Kopfsache, die Rezepte entstehen erst mal im Kopf, viel auch während des Kochens in der Küche. Dennoch sind meine Frau und der Freundeskreis immer auch in eine permanente Rezeptentwicklung eingebunden, denn ich probiere dauernd Sachen aus, auch wenn ich Gäste bekommen, ich bin da furchtlos, da müssen die durch (lacht). Ich kann überhaupt nicht eine Sache zweimal gleich kochen, ich ändere immer irgendwas, probiere irgendwas aus. Selbst im Hotel. Neulich war ich drei Nächte in einem guten Hotel in der Schweiz, da habe ich mir jeden Morgen ein Käse-Omelette bestellt, aber immer mit sortenreinem Käse - am Ende wusste ich, Taleggio-Käse-Omelette ist der Knaller!“


    DORIT SCHMITT:  „Wenn ich meine Freunde mit Rezepten aus Deinem Kochbuch „Meine japanische Küche“ überraschen will, was empfiehlst Du mir, an diesem Abend aufzutischen?“


    Stevan Paul: „Die einfachen Dinge sind oft die überraschendsten, vielleicht eine duftende Misosuppe vorweg und ein bisschen Sashimi, dann der Gurken-Salat, der Krautsalat - überhaupt das Kapitel zu Japans grüner Küche, das mag ich sehr, da kann man was Buntes zusammenstellen und dann vielleicht Karaage dazu, Rinder-Tataki oder Fisch. Zum Schluss, das Seidentofu-Schokoladenmousse ohne Ei und Sahne - das ist wirklich sensationell gut und hat bislang im Alltagstest auch die Zögerlichsten überzeugt.“


    DORIT SCHMITT:„Was denkst Du, Stevan, japanisch zu kochen, kann man das auch, ohne tiefer in die Lebensart und Kultur der Japaner einzutauchen? Versteht man diese Art zu kochen nicht erst, wenn man Mentalität und Denkweise der Japaner besser versteht?“


    STEVAN PAUL: „Es schadet nie, sich mit Kulturen zu beschäftigen und die japanische Kultur ist wirklich spannend. Kultur beginnt aber eben immer auch über das Essen und ich verstehe mein Japan-Kochbuch da schon als Mittler: endlich barrierefrei loslegen mit der japanischen Küche für Zuhause, nebenbei lernt man viel über die japanische Koch-Kultur, mit den Wissenstexten im Buch, aber auch über meine Reisereportagen, die zwischen den Kapiteln zu finden sind. “


    DORIT SCHMITT: „Für Deine Buchrecherche hast Du eine Japanreise unternommen. Was war vor Ort Dein eindrücklichstes Erlebnis?“


    STEVAN PAUL: „Ganz sicher der Besuch bei den Meistern der unterschiedlichen Küchendisziplinen. Ich durfte großen Sushi-Meistern bei der Arbeit zusehen, das alleine ist ein Genuss, diese Konzentration, die Hingabe, die fließenden Bewegungen! Besonders schön war auch der Besuch bei Tempura-Meister Tetsuya Saotome, acht Gänge Frittiertes! (lacht) Aber wie filigran, welch Qualität, wie abwechslungsreich! Und am Ende des Abends tuscht der schweigsame Herr Saotome jedem Gast noch individuell ein Tierchen auf die Speisekarte zum Mitnehmen - ich habe eine wunderschöne Garnele gezeichnet bekommen, die hängt jetzt in meinem Büro und ist auch im Buch zu sehen..“


    DORIT SCHMITT:  „Zum Schluss noch eine Frage: Woher nimmst Du all Deine Inspirationen und Energie, diese tollen Projekte, die man von Dir auf Instagram und Facebook zu sehen kriegt? Dürfen wir uns denn schon bald wieder auf ein neues Reiseerlebnis von Dir freuen, das Du dann in einem Kochbuch festhalten wirst?“


    STEVAN PAUL: „Tatsächlich ist das, was man da auf Instagram (herr_paulsen) sehen kann, der Schlüssel zur Inspiration, als Foodjournalist und Kochbuchautor darf, und muss ich reisen, um Geschichten erzählen zu können. Und ich habe gehört, es soll Kochbuchverlage geben, die versuchen, über meinem Instagram-Account herauszufinden, an welchem Buch ich gerade arbeite - seit ich das weiß, streue ich da auch alternative Fakten! (lacht). Im Herbst erscheint mein nächstes Kochbuch im Christian Brandstätter Verlag und, das darf ich schon verraten - das wird tatsächlich eine richtig große Reise, einmal um die Welt!“


    DORIT SCHMITT:  „Danke, Stevan, für Deine Zeit und bis bald mal auf ein Glas Sherry oder Sake! 

    BUCHTIPP
    Meine japanische Küche
    Autor: Stevan Paul
    ISBN: 9783881179515
    224 Seiten, Hardcover

    TATAKI   im Sashimi-Sushi-Style mit Sojasauce und Wasabi


    Rezeptfotografie: © Andrea Thode | STEVAN PAUL, Meine Japanische Küche

    SCHOKO-SEIDENTOFU-MOUSSE   mit Ingwersirup und knusprigen, gerösteten Haselnüssen


    Rezeptfotografie: 

    © Andrea Thode | STEVAN PAUL, Meine Japanische Küche


    Dorit Schmitt

    Freie Journalistin

    Stationen über die eigene Werbeagentur Do(r)it! advertising und das eigene Feinkostgeschäft Chateau et Chocolat, brachten die leidenschaftliche Hobbyköchin und Sommelière schließlich zum Schreiben über Wein und Genuss.

    Bei Freunden nachgefragt: Was esst ihr denn am liebsten, wenn es asiatisch sein soll?

    Auf die Frage, welches asiatische Gericht meine Freunde denn am liebsten essen - bestellen oder selbst zubereiten - fielen die Antworten sehr unterschiedlich aus. Unter den Befragten gab es auch den einen, der behauptete: „Ein Lieblingsrezept habe ich nicht. Tatsächlich nicht.“ Ehrlich? Das konnte ich ja kaum glauben. Hat nicht fast jeder Mensch wenigstens ein Rezept, das er am liebsten zubereitet? Viele liebe Freunde und Kollegen haben mir jedoch ihr asiatisches Lieblingsgericht gerne verraten, sodass ich jetzt eine ganze Reihe schöner Anregungen zum Ausprobieren und Nachkochen vorstellen kann. Die Lieblingsrezepte findet Ihr HIER.


    Wolfgang Faßbender (Journalist, Gastrokritiker und Autor) antwortete: „Mein asiatisches Lieblingsgericht? Schwer zu sagen, weil ich so viele tolle Beispiele kenne. Richtig gut gemachte Sushi mit  echtem (!) Wasab i gehören dazu, Nudelsuppen , ein vietnamesisches Bánh mì mit Schweinebauch oder indische Samosas mit Gewürzen, die natürlich frisch geröstet werden müssen. Wer fertig gemahlene Gewürze in größeren Portionen kauft, ist selbst schuld.“


    Dim Sum bestellt sich Christian Nett (Weingut Bergdolt-Reif und Nett) am liebsten. Dim Sum heißt übrigens so viel wie „das Herz berühren“ - im Sinne von Leckereien, die das Herz beim Genießen berühren. Dim Sum ist auch nicht ein Gericht, sondern der Überbegriff vieler, unterschiedlich zubereiteter, traditioneller Snacks und Zwischenmahlzeiten. Auch Gernot Kollmann (Kellermeister und Betriebsleiter, Weingut Immich-Batterieberg) schwört auf diese kleinen Häppchen. Er selbst mache sich gerne Siu Mai. Dazu würde er die  Wan Tan Teigtaschen mit Garnelen, Schweinefleisch, Wasserkastanien und vielen asiatischen Gewürzen füllen und anschließend ungefähr 20 Minuten lang dämpfen. Für mich hört sich das sehr verführerisch an und ich überlege mir ernsthaft die Anschaffung eines Bambus-Dampfkorbes.


    Und ich habe Bernd Matthies (Journalist und Restaurantkritiker) nach seinem Lieblingsrezept gefragt. Dazu habe ich mich mit ihm in Berlin zum Lunch getroffen. "Ich bin süchtig nach Peking-Ente , seit ich sie zum ersten Mal gegessen habe, bei Ken Lo in London so um 1985 herum - klassisch. Aber die dreigeteilte Luxus-Version von Tim Raue, sein Signature Dish, ist eine gute Alternative, man muss sie eventuell vorbestellen. Die klassische Ente lässt sich zwar mit deutschen Bordmitteln kaum nachmachen, aber ich finde meine Version mit kleinen, kross gebratenen Entenbrüsten und sehr dünnen Pfannkuchen aus der Crêpe-Pfanne durchaus nicht schlecht", fiel Bernds Antwort aus. Seine Zubereitungsvariante erscheint mir nachahmenswert und ich habe für Euch ein paar schöne Rezepte gefunden, die mit einer Entenbrust und den crêpeähnlichen Pfannkuchen beschrieben werden.  Übrigens, wer gerne rund um Berlin gut essen gehen will und sich dabei auf eine kundige Empfehlung verlassen möchte, sollte sich um die Magazine des Berliner Tagesspiegels „Genuss“ bemühen.


    Stuart Pigott (Weinkritiker und Autor) schwärmte, dass sein Lieblingsgericht aus Nord-Thailand stamme und übersetzt so was wie „Urwald-Gericht“ heißen würde. Es sei mit einer ziemlich unverschämten Menge Pfeffer, aber keinem Chili, zubereitet und schmecke köstlich!  Das Rezept zum Nachkochen fände man in dem, leider nur noch gebraucht erhältlichen, Buch: „Thailand: Küche, Land und Leute - Kulinarische Landschaften“ von Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer. Ein ähnlich klingendes Rezept, das ich daraufhin gefunden habe, weil ich das genannte Buch nicht besitze, ist das Pfeffer-Knoblauch-Hühnchen (gai pad gratiem prik thai). Es schien sehr einfach in der Zubereitung und dabei sehr köstlich zu sein, sodass ich noch am selben Abend den Wok angeschmissen hatte, um es auszuprobieren.


    Sven Enderle (Weingut Enderle und Moll): „Inzwischen bin ich ein großer Fan von Suppen bzw.  Ramen geworden. Gerade im Herbst und Winter liebe ich das wirklich sehr. Dabei habe ich die japanischen Nudelsuppen erst durch meine häufigen Berlinbesuche kennengelernt. Zuvor hatte ich gar keine Verbindung zur asiatischen Küche, aber das „ Cocolo Ramen “ ist seitdem zu meinen Lieblingsadressen in Kreuzberg geworden. Ach, und seit Kurzem hat es mir auch Kimchi angetan.“ 


    „Ich bin ja nicht so der Besteller. Deshalb mache ich mir gerne, vor allem so als „Kateressen“ aus der asiatischen Küche einen Spicy Papayasalat . Grüne Papaya in Julienne geschnitten, etwas gezupftes Hühnchenfleisch, idealerweise vom Vortag aus der frisch gekochten Hühnersuppe, Sesamöl, Limettensaft, 3-4 Thaichilis fein gehackt, geröstete Sesamkerne, Bohnensprösslinge, Salz, Pfeffer etwas Honig, fertig. Fast fertig ... ne Handvoll frisches Korianderkraut, leicht gerupft darunter mischen und ab dafür“, beschreibt Marco Giovanni Zanetti (Weinmacher und Sommelier) seine Vorlieben, wenn es um Asiatisches auf seinem Teller geht. Die benötigten grünen Papayas (unreife Früchte, die eher nach Kohlrabi schmecken) bestellt oder besorgt man am besten im Asia-Laden.


    Christin Jordan (Journalistin und Winzerin bei Dalgaard und Jordan) lässt vorsichtig durch  blicken, dass Sie eigentlich gar nicht so der Riesen-Aisa-Food-Fan sei. Bei vietnamesischen Sommerrollen würde sie jedoch eine Ausnahme machen. Ihr Mann, Lars Dalgaard (Weingut Dalgaard und Jordan) hingegen stünde mehr auf Nems, eine frittierte, vietnamesische Frühlingsrollenvariante . Auch würde sie keinesfalls etwas essen, das zu chilischarf sei, verriet sie. Viel Ingwer für die Schärfe sei vollkommen ok, aber mit zu viel Chili habe sie so ihre Probleme. Und dann sollte ein Gericht auch nicht zu knoblauchlastig sein, das könne sie ebenfalls nicht leiden. Nach etwas Plauderei über asiatische Gerichte, fällt ihr dann doch noch Massam-Curry mit Rind ein, das, wie sie sagt, wirklich wahnsinnig toll schmecke.  Das machte mich neugierig und ich erfahre bei meinen Recherchen, dass schon der thailändische König, Phra Phutthaloetla (Rama II. 1767-1824), ein großes Faible für dieses Massam-Curry (Kaeng Masaman) gehabt haben soll. Grund genug, nach einem Rezept zu suchen. Fündig wurde ich in dem Buch: „Thailand. Das Kochbuch: Die Bibel der thailändischen Küche“, von Fotograf und Food-Journalist Jean-Pierre Gabriel.


    Tom Kha Gai . Dazu einen nicht zu fetten, sondern mineralisch kühlen Gewürztraminer oder ein geiles Bier. Ganz einfach“, gibt mir Hendrik Thoma (Master Sommelier und Gastgeber von Wein am Limit) zur Antwort. Und tatsächlich verträgt sich ein schöner, trockener Gewürztraminer sehr gut mit den schärferen, asiatischen Gerichten.  Bei nächster Gelegenheit solltet Ihr seinen Weintipp auch mal zur Tom Kha Gai ausprobieren. Ein Hühnchen-Garnelen-Kokosmilch-Rezept von ihrer Freundin hat mir auch  Simone Gutting (Bio-Weingut Mohr-Gutting) zukommen lassen. Es liest sich ein wenig wie eine Variante der beliebten thailändischen Tom Kha Gai, wird hier aber mit Huhn und Garnelen zu Basmatireis serviert.


    Marion Rinke (Anwältin und Inhaberin des Weinguts Rinke) verrät mir, dass sie Chilihähnchen mit Cashewkernen besonders gerne mag. Das Gericht könnte im Wok ganz einfach zubereitet werden. Dazu wird Hühnchenfilet in Streifen geschnitten und in einem Tempuramehlteig für 30 Minuten im Kühlschrank mariniert. Dann erhitzt man im Wok Öl und frittiert darin nacheinander das Huhn, die Nüsse und den Chili, bevor man in neuem Öl die restlichen Zutaten in der Pfanne rührt. Die Cashewnüsse schmecken gerade in pikanten Gerichten - vor allem in Currys - ausgezeichnet.


    Hühnchen-Saté-Spieße mit Erdnuss-Sauce “, kommt bei Thomas Rebel (Fotograf) wie aus der Pistole geschossen, als ich ihn nach seinem Lieblingsgericht frage. Er hätte das gerade erst kürzlich serviert bekommen und das sei so unverschämt lecker gewesen, dass er das nun selbst auch unbedingt einmal nachkochen muss. Hier sein Tipp für eine sämige, aromatische Sauce: Man benötigt fein geriebenen Ingwer, fein gehackte oder gemahlene Erdnüsse, Kokosmilch, Sambal Oelek und Zucker. Diese Mischung muss bei kleiner Hitze sämig eingekocht werden. Und bevor man die Spieße in die Sauce tunken kann, muss diese noch mit Limettensaft und Salz abgeschmeckt werden.


    Bernd Matthies

    Journalist und Restaurantkritiker

    Seit rund 30 Jahren schreibt Bernd Matthies als Redakteur für den Berliner Tagesspiegel. Medien und Kulinarik sind seine Fachgebiete. Als Restaurantkritiker hat er sich durch seine feine Zunge und spitze Feder längst einen Namen gemacht.

    Steht der Käsewagen auf dem Abstellgleis?

    DORIT SCHMITT: Bernd, Du bist ein ausgesprochener Kenner der Gastronomieszene und namhafter Restaurantkritiker aus Berlin. Wird heute noch zum Abschluss eines Menüs eine Auswahl affinierter Rohmilchkäse gereicht oder ist der gut sortierte Käsewagen in der Topgastronomie vollkommen aus der Mode gekommen?


    BERND MATTHIES: Ich habe lange keinen mehr gesehen, und Legenden wie der dreiteilige Käsewagen von Dieter Müller mit 160 Sorten sind meines Wissens ausgestorben. Zu Recht übrigens, denn was da weggeworfen wurde, ist heute weder wirtschaftlich noch ethisch darstellbar – und im Rahmen einer betonten Regionalküche schon gar nicht. Warum soll ich in einem skandinavisch orientierten Menü Reblochon oder Manchego essen? Ein kleiner, auf die Region bezogener Teller mit raren Spitzenqualitäten kann immer noch sinnvoll sein, wenn die Region das hergibt, sagen wir im Emmental oder in Oberitalien. Aber selbst dann verstehe ich, dass ehrgeizige Köche Käse nicht nur auspacken, sondern auch in ihre Stilistik integrieren wollen. Also: Ein Top-Käsegang aus der Küche ist genug.


    DORIT SCHMITT: Wie sieht es bei Dir privat aus? Du kochst selbst sehr gerne. Ist Käse bei Dir eher eine Zutat oder genießt Du auch hin und wieder ein Stück Käse zu einem Glas Wein?


    BERND MATTHIES: Ich benutze die Klassiker zum Kochen, Parmesan oder Grana, Mozzarella und auch mal einen Blauschimmelkäse. Und die passen dann ja auch tendenziell zum Glas Wein, wobei es mir zu mühsam ist, hier in Berlin nach Extremqualitäten zu suchen. Ich mag guten Gruyère am liebsten, den Kaltbach zum Beispiel, gönne mir aber auch mal ganz fiese Supermarktklassiker wie den Rambol mit Walnüssen. Und im Kühlschrank liegt grad ein Kloben gereifter österreichischer Bergkäse, den ich auf einem Markt in Bayern gekauft habe. 

    DORIT SCHMITT: Die Käseherstellung basiert auf einer langen Tradition. Hat der Käse aus der bäuerlichen Landwirtschaft eine Zukunft?

    BERND MATTHIES: Innerhalb der jeweiligen Biotope hat er das sicher, im Lebensmittelhandel generell eher weniger. Wobei – was heißt jetzt bäuerliche Landwirtschaft? Da kommen ja letzten Endes auch Parmigiano Reggiano oder der besagte Kaltbach her, sie werden nur eben in großen Mengen international vermarktet, Gott sei Dank, denn sonst hätten wir so was hier nicht. Ich sehe einen Trend eher darin, dass die Großerzeuger die Qualität forcieren. Arla in Dänemark macht das zum Beispiel, die können nicht nur Gummi, sondern auch einen wunderbaren „Wattenmeerkäse“, der sehr nah am Gruyère-Stil ist.

    DORIT SCHMITT: Hast Du schon einmal veganen Käse probiert?


    BERND MATTHIES: Kann sein. Aber wozu? Entweder esse ich Käse, oder ich esse vegan. Ich kann mich noch gut erinnern, wie sich alle über den „Analogkäse“ auf irgendwelchen TK-Pizzas aufgeregt haben. Und das soll plötzlich was Tolles sein? Nicht mit mir.


    Dirk Wasilewski

    Sommelier

    „Als Sommelier stehen für mich Genuss und Qualität an erster Stelle. Für den Genuss ohne Reue brauchen wir aber ökologisches Denken und Handeln. Dies zu erreichen ist mein Wunsch und täglicher Antrieb.“

    Wein & Käse genießen

    DORIT SCHMITT: Dirk, Du bist seit 2010 der verantwortliche Sommelier für die Weinseminare und Degustierkurse bei Delinat. Der Genuss von Wein und Käse erfreut sich allgemein einer großen Beliebtheit. Was sind Deiner Meinung nach die häufigsten Fehler, die man beim Kombinieren machen kann?


    DIRK WASILEWSKI: Ich bin da entspannt. Für mich gibt es bei der Kombination von Wein und Käse kein richtig oder falsch. Ein Fehler wäre es aus meiner Sicht nach festgefahrenen Regeln zu kombinieren - man sollte mehr ausprobieren. Das ist für eingeschworene Rotweintrinker vielleicht schwer, aber Weißweine passen zum Käse meistens besser. Junge Rotweine mit einem kräftigen Gerbstoff harmonieren nicht immer zum Kasein (Milcheiweiß). Ein Beispiel: Zu einem gereiften Hartkäse würde man in der Regel einen kräftigen Rotwein mit entsprechendem Gerbstoff trinken. Ich wähle hier einen aromatischen Weißwein mit etwas Restsüße. Möchte man beim Rowein bleiben, würde ich auf eine gereifte Variante mit weniger Gerbstoff ausweichen oder Rebsorten wie Spätburgunder oder Merlot wählen. In meinen Kursen biete ich jeweils einen Weißwein und einen Rotwein zu einem bestimmten Käse an. Die geschmacklichen Eindrücke werden dann in der Gruppe diskutiert. In dem Zusammenhang ist es für mich wichtig, dass Wein und Käse einzeln analysiert werden und dann in der Kombination die Wechselwirkungen bestimmt werden. Denn durch die Wahl des Weines kann man die aromatischen Eindrücke beim Käse mindern oder aber verstärken. Und das ist dann letztlich Geschmacksache.


    DORIT SCHMITT: Welche Kombination hat Dich selbst bisher am meisten überrascht?


    DIRK WASILEWSKI: Ich bin passionierter Weißweintrinker und Riesling-Fan. Daher kombiniere ich meistens Weißwein zu Käse oder auch zu anderen Speisen. Was mich immer wieder überrascht und begeistert ist die Kombination von einem Gruyére Molèson (14 Monate gereift) und einem aromatischen Riesling mit etwas Rest-süsse. Die frische Säure des Rieslings harmoniert für mich wunderbar mit der Salzigkeit des Käses.


    DORIT SCHMITT: Wie wichtig ist der perfekte Reifegrad beim Käse?


    DIRK WASILEWSKI: Der Reifegrad ist sehr wichtig. Grundsätzlich wird ein Käse mit zunehmender Reife aromatischer - also komplexer. Das ist wie beim Wein, der während der Reife seine Balance findet und ebenfalls vielschichtiger wird. Dies gilt nicht nur für Rotwein, sondern auch für einige Weißweine. Ausgewählte Käse werden durch sogenannte Affineure (Käseveredler) mit viel Fingerspitzengefühl und Pflege zur idealen Reife gebracht. Diese Käse garantieren dann höchsten Genuß. Beim Kauf von Käse kann man seinem Käsehändler vertrauen. Er kennt den Reifegrad seiner Käse am besten. Probieren sollte man aber trotzdem. 

    Wein & Käse Seminare

    Die Kombination von Wein und Käse kann Glücksgefühle auslösen – oder zum Albtraum werden. Delinat-Kursleiter und Sommelier Dirk Wasilewski gibt Einblick in Geschichte, Herstellung und Sorten von Käse und verrät, welche Grundregeln bei der schwierigen Vermählung von Wein und Käse zu beachten sind und welche Kombinationen sich bewährt haben.

    Termine Wein & Käse

    Ulrike Eisenbeutl

    Sherry-Ambassadorin

    Die Österreicherin lebt seit 19 Jahren in Andalusien. Seit 2006 arbeitet die passionierte Sherry-Ambassadorin im Besucherzentrum der Bodegas Tradición.


    Fotos: © Jan Bürgermeister | Aromenspiele

    Sherry zu Käse ist eine tolle Kombination!

    DORIT SCHMITT:Liebe Ulrike, stelle Dich unseren Lesern doch bitte kurz selbst vor.


    ULRIKE EISENBEUTL: Mein Name ist Ulrike Eisenbeutl, ich bin Österreicherin und lebe seit 19 Jahren in Andalusien. Hier hat meine „Beziehung“ zu Sherry begonnen. Am Anfang war es pure Neugier, denn Sherry war für mich, wie für viele andere, ein Likör, den ich höchstens als Aperitif oder nach dem Essen getrunken habe. Ich hatte großes Glück, da ich ca. 1 Jahr bei Gonzalez Byass arbeiten konnte und seit 2006 bin ich im Besucherzentrum von Bodegas Tradición tätig.


    DORIT SCHMITT: Welche Tipps hast Du für Sherry-Anfänger, sich dem Wein anzunähern?


    ULRIKE EISENBEUTL: Bekommt man erst einmal einen Einblick in die Sherrywelt, welch grosser Aufwand hinter der Herstellung steht und wie vielfältig anwendbar dieses Produkt ist, dann ist es sehr einfach, Sherry als Wein zu betrachten.

    Ich empfehle allen, die neugierig sind und etwas mehr über dieses tolle Produkt wissen wollen, sich eine Bodega anzusehen und sich den Herstellungsprozess erklären zu lassen. Danach versteht man, warum in Spanien mit Sherry gegessen wird und warum es für jeden Geschmack und jedes Gericht eine Sherrysorte gibt. Es gibt 10 verschieden Arten von Sherry, von ganz trocken bis ganz süß, da ist für jeden etwas dabei. Hat man nicht die Möglichkeit, nach Andalusien zu reisen, einfach einmal einen Medium oder Creamsherry auf Eis mit einer Orangenscheibe probieren, dann mit Käse oder Schokolade. Ist man immer noch neugierig, kann man auf trockenere Sorten umsteigen. Ich erkläre unseren Besuchern immer, dass Sherry die perfekte Lösung ist, wenn man nicht den richtigen Wein zum Essen findet, ganz besonderes bei würzigen, scharfen und pikanten Gerichten.

    DORIT SCHMITT: Welche Sherry-Käse-Kombination kannst Du uns empfehlen?


    ULRIKE EISENBEUTL: Sherry und Käse ist eine tolle Kombination, da sowohl die trockenen als auch die süssen Sorten verwendet werden können. Z.B. finde ich, dass Fino, Manzanilla und Amontillado (das sind sehr trockene Sherrys mit einer leichten salzigen Note) wunderbar zu einem schön gereiften Manchego Käse passen, auch zum Appenzeller oder Gruyère; zu den etwas süßeren Sherrys wie Cream oder Pedro Ximénez serviert man gerne sehr würzigen Käse, Stilton oder sogar Schimmelkäse. Eine meiner tollsten Erfahrungen war die Kombi Pedro Ximénez mit Parmigiano Reggiano und Cream Sherry mit einem Gorgonzola aus der Lombardei. Ein endloses Spektrum an Geschmäckern, eine Explosion am Gaumen, wunderbar.


    DORIT SCHMITT: Hast Du einen Lieblingskäse?


    ULRIKE EISENBEUTL: Mein Lieblingskäse heißt Payoyo, er kommt aus der Provinz Cádiz und stammt von Ziegen oder Schafen, die nur in dieser Region zu finden sind, vorwiegend im Naturpark Los Alcornocales und in der Sierra de Grazalema. Diesen Käse gibt es in verschiedenen Formen, frisch oder gereift, mit Rosmarin- oder Paprikamantel und meine Lieblingskombination ist Payoyo mit Fino oder Manzanilla.

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